Vermischtes
Newsroom – Wolfgang Messner

Must Know: Die CDU, Julian Reichelt und Nius

Must Know: Die CDU, Julian Reichelt und Nius Julian Reichert (Foto: Imago/dts Nachrichtenagentur)

Der CDU-nahe Unternehmer Frank Gotthardt finanziert das Boulevardportal Nius. Doch vielen Konservativen sind die krawalligen Inhalte dort peinlich. Wolfgang Messner hat für „kress pro“ in diesem Spannungsfeld recherchiert.

Berlin – Auf den ersten Blick könnte man sagen: Das Verhältnis von Frank Gotthardt zur CDU könnte nicht besser sein, schreibt Wolfgang Messner in „kress pro“.  Gotthardt ist Ehrenvorsitzender des CDU-Wirtschaftsrates Rheinland-Pfalz, aber kein Mitglied. Da der Unternehmer der Partei zwar verbunden und der Wirtschaftsrat eine reine Lobbyvereinigung und keine Parteigliederung ist, braucht er kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Der Senior macht kein Hehl daraus, dass ihm die Christdemokraten unter Merkel zu links geworden sind und er sich die alten Zeiten der CDU unter Helmut Kohl und der CSU unter Franz Josef Strauß in Bayern zurückwünscht.

 

Wie „Übermedien“ Anfang März ermittelt hat, sind es auch vorwiegend Abgeordnete von CDU und CSU, die „Nius“ Statements geben oder in Talkformaten auftreten, etwa bei „Schuler! Fragen, was ist“ mit Ralf Schuler, dem ehemaligen Leiter der „Bild“-Parlamentsredaktion. Er hatte unter anderem CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann zu Gast, NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU), Gitta Connemann (CDU) oder Frank Schäffler (FDP). Auch der Vorsitzende der Werteunion, Hans-Georg Maaßen, war da. Von der SPD hingegen kam bisher nur ein aktiver Politiker: Ralf Stegner, aber keiner von den Grünen.

Obwohl CDU-Größen wie der verstorbene ehemalige wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion und Atomlobbyist Michael Fuchs bis zu seinem Tod im Aufsichtsrat von Gotthardts CompuGroup saßen und immer wieder CDU-Granden auf „Nius“ auftauchen, tun sich etliche Christdemokraten schwer mit dem Krawallsender. Einerseits garantiert das Portal Öffentlichkeit bei potenziellen Wählern im konservativen Spektrum, andererseits halten viele aus der Union Reichelts und Gotthardts Nische eher für eine Schmuddelecke.

 

Wie zum Beispiel der ehemalige Bundestagsabgeordnete und CDU-Generalsekretär, Ruprecht Polenz, der auf Twitter kein Blatt vor den Mund nimmt und Reichelt und „Nius“ regelmäßig Hetze vorwirft. Da beschimpft er das Medium als „Desinformations-Portal“ und „Megafon der rechtsextremistischen AfD – finanziert von einem Milliardär, der sich öffentliche Meinung kaufen will“.

 

Auch Julian Reichelt trifft die Ächtung bisweilen persönlich. Als er Anfang Oktober von der CDU-Mittelstandsvereinigung und der Jungen Union Ortenau in den Europapark Rust zu einer Gesprächsrunde eingeladen wurde, regte sich entschiedener Protest. Die Mutterpartei kritisierte die Einladung. Der CDU-Bezirksverband distanzierte sich von der Veranstaltung. „Wir hätten ihn nicht eingeladen“, wurde ein Sprecher der CDU Südbaden deutlich. Reichelt bewege sich „zwischen Hetze und sehr konservativen Berichten“.

 

Christdemokraten wie der Hamburger Bundestagsabgeordnete Christoph Ploß, der zuvor für die Bauer Media Group tätig war und das Mediengeschäft bestens kennt, haben damit weniger ein Problem. Er trat bei „Nius“ regelmäßig als Talkgast oder mit Kolumnen in Erscheinung und erregte damit hinter vorgehaltener Hand bei seinen Parteifreunden Anstoß. Auf „kress pro“-Anfrage äußerte er sich nicht zum Thema „Nius“. Über sein Wahlkreisbüro ließ er lediglich mitteilen, dass er zu „anonym vorgetragenen Aussagen“ keine Stellung nehmen könne.

 

Andreas Jung, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und stellvertretender CDU-Bundesvorsitzender, ließ eine Anfrage unbeantwortet, wie die Partei den Sender beurteilt. Von Julia Klöckner, ehemalige CDU-Landesvorsitzende in Rheinland-Pfalz und heutige CDU-Bundesschatzmeisterin, ist bekannt, dass sie sich bei „Nius“ von Ex- „Bild“-Mann Schuler schon interviewen ließ. „Aber zu Reichelt geht sie nicht“, sagt ein Vertrauter.

 

Und auch der CDU-Wirtschaftsrat Rheinland-Pfalz hat seine liebe Not damit, sein Verhältnis zu seinem medial inzwischen polarisierenden Ehrenmitglied zu beschreiben. Eine „kress pro“-Anfrage ließ die Vereinigung lieber von einer Anwaltskanzlei beantworten. Der CDU-Wirtschaftsrat, teilte die Kanzlei mit, kommentiere „die wirtschaftlichen Aktivitäten seiner Mitglieder grundsätzlich nicht“: „Wir nehmen daher auch nicht dazu Stellung, wie Herr Gotthardt seine Verfassungsrechte der Meinungsfreiheit und der Pressefreiheit unternehmerisch wahrnimmt.“

 

Und auch die CDU Rheinland-Pfalz will „grundsätzlich keine Stellung zur wirtschaftlichen Tätigkeit von Privatpersonen“ nehmen und verweist streng darauf, dass der Wirtschaftsrat „keine Teilorganisation der CDU“ und „Frank Gotthardt kein Mitglied der CDU“ ist. Im Sinne der Presse- und Medienfreiheit liege es der CDU fern, „die Arbeit einzelner Medien zu kommentieren – weder bei der taz noch bei ,Nius‘“.

 

Zur ganzen Nius-Story in „kress pro“:

Autor Wolfgang Messner beantwortet darin auch diese Fragen:

  • Wer ist Frank Gotthardt?
  • Was macht Gotthardt in der Medienbranche – und was sind seine Pläne?
  • Wie sieht das Geschäftsmodell von Nius aus?