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Kreativität und KI: „Die Tiefe und Bedeutsamkeit fehlt oft“

Kreativität und KI: „Die Tiefe und Bedeutsamkeit fehlt oft“ Samuel Tschepe (Foto: Kay Herschelmann)

Kann KI Kreativität? Wie KI etwa im Design Thinking helfen kann, Ideen zu entwickeln, ohne essenzielle menschliche Fähigkeiten zu ersetzen, erklärt Samuel Tschepe.

Potsdam – Wie kreativ kann Künstliche Intelligenz sein?, fragte das „medium magazin“ Samuel Tschepe im großen Schwerpunkt „Der KI-Effekt“. Der Team Lead für die Design-Thinking-Programme an der D-School des Hasso-Plattner-Instituts erklärt im Interview wie Mensch und Maschine zusammenarbeiten werden.


Die Integration von KI in kreative Prozesse birgt Herausforderungen? Kann KI beim Kreativsein sogar negativ beeinflussen?

Samuel Tschepe: Wie immer kommt es auf den „richtigen“ Einsatz der Technologie an. Ein Risiko etwa ist das „Inzucht-Problem“: KI greift wiederholt auf ähnliche Datenquellen zu, die Vielfalt an neuen Ideen wird eingeschränkt. Oder auch der Kontakt mit den Nutzer:innen und deren Bedürfnissen kann verloren gehen, wenn Teams sich zu stark auf KI verlassen und ausschließlich rational arbeiten. Der kreative Prozess braucht emotionale und soziale Komponenten, die KI nicht vollständig ersetzen kann. KI kann zwar Daten analysieren und Vorschläge machen, aber die kreative Tiefe und Bedeutsamkeit fehlt oft. Zudem könnte der menschliche Lernprozess verkürzt werden, wenn Teams sich zu sehr auf KIs verlassen und die eigene kreative Auseinandersetzung mit dem Problem vernachlässigen.

 

KI kann kreative Prozesse aber auch voranbringen, etwa beim Design Thinking.

Absolut. KI kann in verschiedenen Phasen des Prozesses sehr hilfreich sein. Sie unterstützt Teams dabei, große Datenmengen zu analysieren und relevante Muster zu erkennen, die sonst übersehen werden könnten. Zudem ermöglicht KI die schnelle Erstellung und Visualisierung von Prototypen, was die Exploration und Entwicklung von Ideen erheblich beschleunigt. Und auch in Situationen, in denen der Zugang zu realen Nutzer:innen schwierig ist – etwa bei schwer erreichbaren Gruppen wie Ärzt:innen –, können wir auf Basis guter Daten Interviews und Tests mit synthetischen Nutzer:innen simulieren und so vermeiden, dass relevante Perspektiven außen vor bleiben. Allerdings bleibt der direkte Kontakt zu echten Personen für tiefere, empathische Einblicke essenziell.

 

Welche Rolle spielt Empathie im Zusammenspiel mit Künstlicher Intelligenz?

Empathie ist eine der zentralen Säulen im Design Thinking, da der Prozess darauf abzielt, Lösungen zu entwickeln, die den Bedürfnissen, Gefühlen und Herausforderungen der Nutzer:innen gerecht werden. Empathie ermöglicht es uns, echte Verbindungen zu den Menschen herzustellen, für die wir gestalten. Obwohl KI Daten analysieren und Muster erkennen und Emotionen und Empathie simulieren kann, ersetzt sie nicht die tiefen menschlichen Erfahrungen, die durch die direkte Interaktion und das Verständnis für die Lebenswelt der Nutzer:innen entstehen – dies bleibt unverzichtbar für den kreativen Prozess.

 

Ändert sich etwas an der Motivation von Teilnehmenden im Design-Thinking-Prozess, wenn KI eingesetzt wird?

Die intrinsische Motivation der Teilnehmenden hängt unter anderem stark davon ab, wie sehr sie sich mit dem kreativen Prozess und den entwickelten Ideen identifizieren können. Wenn KI zu stark eingesetzt wird und für die Teammitglieder zu viele Aufgaben übernimmt, kann es passieren, dass die Motivation sinkt – weil die Ideen als „fremd“ wahrgenommen werden. Deshalb ist es wichtig, dass KI zwar unterstützt, aber der kreative Input, die Intention und wichtige Entscheidungen weiterhin von Menschen kommen.

 

Wie sehen Sie die Zukunft von KI im Design Thinking?

KI wird noch wichtiger und präsenter werden, aber sollte als Werkzeug verstanden werden, das den kreativen Prozess beschleunigen und bereichern kann, aber den Menschen nicht ersetzen sollte. Vereinen wir die Stärken von KI und menschlicher Kreativität, werden wir Innovationen entwickeln und bessere Lösungen finden, was mit Blick auf all die Herausforderungen, die wir haben, dringend nötig ist.

 

  • Künstliche Intelligenz ist längst im Journalismus angekommen. Aber was kann sie wirklich leisten – und welchen Preis wollen wir dafür zahlen?

Zum Schwerpunkt „Der KI-Effekt“