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Ein Medienskandälchen: taz und FAZ werfen „Spiegel“-Vize Melanie Amann Interessen­konflikt vor

Ein Medienskandälchen: taz und FAZ werfen „Spiegel“-Vize Melanie Amann Interessen­konflikt vor Melanie Amann (Foto: Peter Rigaud/Der Spiegel)

Die stellvertretende Chefredakteurin des „Spiegels“ steht wegen eines möglichen Interessenkonflikts in der Kritik. Es geht um eine Immobilie, die Amann gehört. Was der „Spiegel“ zu den Vorwürfen sagt.

Hamburg – Paul Schwenn von der taz (Meine Vermieterin, die Journalistin) und Axel Weidemann von der FAZ (Beim Spiegel ist ein Zimmer frei) werfen „Spiegel“-Vize-Chefredakteurin Melanie Amann einen Interessen­konflikt und fehlende Transparenz bei einem Artikel über einen Berliner Immobilien­unter­nehmer vor. Dieser vermietet auch eine Berliner Wohnung, die Amann und ihrer Mutter gehört. Dort wohnt ein Freund des taz-Autors, dem wohl gekündigt werden soll, weshalb die Geschichte jetzt anscheinend an die Öffentlichkeit kommt. Es geht um einen Beitrag von 2022 über Unter­künfte für ukrainische Geflüchtete, in dem der Immobilien­unternehmer als Protagonist erscheint.

 

Zur Frage, wie es zu der Berichterstattung kam, erklärt der Spiegel auf FAZ-Anfrage: „Der Beitrag ‚Ein Bett in Berlin‘ vom 5. März 2022 wurde von Melanie Amann weder initiiert noch in irgendeiner Weise inhaltlich beeinflusst.“ Es sei „die Entscheidung anderer Redaktionsmitglieder“ gewesen, „Florian Wichelmann als Protagonisten auszuwählen und zu beschreiben“. Außerdem sei der Beitrag „auch nicht von der Ressortleitung des Hauptstadtbüros in Auftrag gegeben“ worden, „der Melanie Amann damals angehörte, sondern von der damaligen Leitung unseres‚Ressorts Deutschland/Panorama.“

 

Melanie Amann, so die Stellungnahme des „Spiegels“ weiter, habe „lediglich auf eine intern geäußerte Frage der Redaktion nach möglichen Ansprechpartnern zum Recherchethema ,Unterkünfte für ukrainische Geflüchtete‘ den ihr bekannten Florian Wichelmann als möglicherweise geeigneten Ansprechpartner“ genannt und „stellte dann auch den Kontakt zu ihm her, unter Offenlegung ihrer persönlichen Verbindung zu ihm“ – allerdings nur „Spiegel“-intern. Damit habe sie „auch alle presserechtlichen und medienethischen Erfordernisse“ erfüllt, teilt der „Spiegel“ mit. „Die Berichterstattung entspricht auch unseren eigenen redaktionellen Standards. Der taz und FAZ fehlt allerdings ein Transparenz­hinweis unter dem Beitrag.

 

Medienredakteur Christian Meier kommentiert in seinem Artikel in der „Welt“ (Wie die taz einer Spiegel-Chefredakteurin Ärger bereitet), eine Empfehlung für einen Gesprächspartner mache, unabhängig von dessen Tauglichkeit, allerdings noch keinen handfesten Medienskandal, auch wenn sich die taz das zu wünschen scheine. Meier verweist auf die Unterzeile des taz-Artikels, die lautet: „Ein dubioser Wohnungsunternehmer machte Geschäfte mit einer Spiegel-Chefredakteurin. Im Magazin erschienen gefällige Artikel über seine Person.“ Im Kern gehe es allerdings um einen, nicht um mehrere Artikel, stellt Christian Meier klar. Ein weiterer Artikel stammt demnach von 2004, in dem Amann und Wichelmann vorkamen, weil sie an einem Debattierwettbewerb teilnahmen. Zum „Spiegel“ wechselte Amann erst 2013.

 

Meier kommt in der „Welt“ zu dem Schluss: „Die im Artikel beschriebene Geschäftspraxis klingt zwar tatsächlich fragwürdig – die taz hat gleichzeitig einen ausführlichen Beitrag über die Firma veröffentlicht. Dass Journalisten aber die besseren Vermieter sind, ist vermutlich nur ein frommer Wunsch.“