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Der seltsame Aufstieg des Paul Ronzheimer bei Axel Springer

Der seltsame Aufstieg des Paul Ronzheimer bei Axel Springer Paul Ronzheimer (Foto: Wolf Lux)

Einst waren Paul Ronzheimer und Julian Reichelt so eng wie Brüder. Während Reichelt wegen seines Fehlverhaltens gefeuert wurde, ist bis heute unklar, wie viel Ronzheimer eigentlich wusste. Aus der „kress pro“-Kolumne „Aus unseren Kreisen“.

Berlin – Manchmal ist erstaunlich, wie unterschiedlich sich Karrieren entwickeln können. Vor etwas mehr als zwei Jahren wurde Julian Reichelt als „Bild“-Chef gefeuert. Für viele in der Medienszene ist er seitdem der schmierige Boulevardtyp, der seine Macht gegenüber jungen Frauen missbraucht hat. Wer Reichelts krawallige Berichterstattung bei „Nius“ verfolgt, kann festhalten, dass er sich nicht besonders anstrengt, sein Image aufzupolieren.

 

Mit Paul Ronzheimer meinte es das Schicksal deutlich besser. Er berichtete als Kriegsreporter aus der Ukraine und wurde dafür als „Journalist des Jahres“ ausgezeichnet. Im Mai verkündet Axel Springer, Paul Ronzheimer werde das „markenübergreifende journalistische Gesicht“ für das Unternehmen und „weltweit für weitere nationale und internationale Medienmarken“ neben „Bild“ berichten. Daher talkt er in einem neuen Podcast und berichtet auf vielen Kanälen aus Gaza.

 

Während Springer also Reichelt gefeuert hat, ist sein einst enger Freund zum Gesicht des Konzerns geworden. In einem „Horizont“-Interview vor drei Jahren sprachen beide über ihre „wirklich tiefe Freundschaft“, wie Julian Reichelt sagte. „Da war ein Gefühl von großer persönlicher Nähe zu einem Menschen, wie man das ganz selten im Leben hat.“ Und auch Ronzheimer gab damals zu Protokoll: „Wenn schon, dann haben wir ein brüderliches Verhältnis.“ Und er sagte: „Ich will jetzt nicht zu privat werden, aber, ja, es gibt Dinge, die ich nur ihm erzähle, und ich weiß, dass ich immer auf ihn zählen kann.“

 

Man kann wohl ohne Übertreibung sagen, dass die beiden ziemlich eng waren. Wir haben Ronzheimer gefragt, wie er die Vorwürfe des Machtmissbrauchs aus heutiger Sicht bewertet und welches Verhältnis er heute zu Julian Reichelt hat.

 

Der preisgekrönte Reporter hat nicht geantwortet. Wir haben auch sonst keinen Kommentar des sonst so mitteilungsfreudigen Reporters zur Causa Reichelt gefunden.

 

Bei Springer gibt es unterschiedliche Meinungen zu Ronzheimer. Quellen aus der Redaktion betonen, der Reporter selbst sei zwar menschlich umgänglich, er habe aber zum System Reichelt gehört und dessen Vorgehen immer loyal unterstützt. Andere Stimmen, die der Konzernleitung näher stehen, betonen dagegen, Ronzheimer sei geläutert.

 

Eines ist jedenfalls klar: Die Rolle des engen Wegbegleiters wurde in der Reichelt-Affäre nie aufgearbeitet. Was ein Beleg dafür ist, dass es mit dem ganzen Kulturwandel bei „Bild“ vielleicht nicht sehr weit her ist. Und man kann auch festhalten, dass Ronzheimer in der Ukraine und in Gaza gerne auf der Seite der Angegriffenen steht. Intern bei „Bild“ hat er das nicht immer so gehalten.

 

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