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Fanta 4 und Samuel Koch - "Wetten, dass..?" ist Geschichte

Zum Abschied von "Wetten, dass..?" schnellt die Quote noch einmal nach oben. Samuel Koch bewegt, Otto singt, für Markus Lanz endet ein Stück Kindheit.

 

Nürnberg/Berlin (dpa) - "Wetten, das..?" hat zu seiner Abschiedsgala noch einmal sehr viele Zuschauer zurückgewonnen. Knapp 9,3 Millionen schalteten am Samstagabend die Sendung aus Nürnberg ein, fast vier Millionen mehr als im November. Europas größte TV-Show, deren letzte Ausgabe mit einem Bühnenauftritt der Fantastischen Vier begann statt mit einer Moderation, war um 23.49 Uhr vorbei. Endgültig.

Damit ist nach knapp 34 Jahren und 215 Ausgaben das letzte Format großer deutscher Fernsehunterhaltung aus der Vorwendezeit abgesetzt. Moderator Markus Lanz sagte nach der Sendung, für ihn sei "Wetten, dass...?" nun "ein Stück Kindheit, das gegangen ist". Er sehe den Abschied auch mit einem weinenden Auge, aber im Moment überwiege bei ihm ein Gefühl der Dankbarkeit. Zu der vielen Kritik, die er sich anhören musste, sagte der 45-Jährige, er werde "das Gefühl nicht los, dass die Sendung ein staatstragendes Ereignis ist".

Trotz der ganz zuletzt wieder ansteigenden Quote: "Der Aufwand ist riesig und die Zahl der Zuschauer ist immer weiter zurück gegangen", sagte ZDF-Intendant Thomas Bellut nach der Show. "Darauf muss ein Sender reagieren. Ansonsten ist der öffentliche Druck auch zu stark auf die, die es moderieren. Ich schließe aus, dass es an Markus Lanz lag und bin ihm sehr dankbar, dass er das gemacht hat."

Der bewegendste Augenblick war am Samstag der Auftritt des Wettkandidaten Samuel Koch: Gegen 23.00 Uhr war der 27-Jährige erstmals seit seinem schweren Unfall vor ziemlich genau vier Jahren wieder in der Show zu Gast. Damals hatte der junge Mann versucht, mit an den Füßen angeschnallten Federn über entgegenkommende Autos zu springen. Dabei verletzte er sich so schwer, dass er querschnittsgelähmt blieb.

Moderator Lanz fragte Koch nach dem Sinn, den er für sich weiter im Leben erkenne. "Ich kann nicht behaupten, alles hat den und den Sinn", sagte Koch, der inzwischen Schauspieler geworden ist und mit Til Schweiger beim Film "Honig im Kopf" vor der Kamera stand. "Irgendwann brauchen wir alle Hilfe, manchmal auch bei einem Unfall vorher. Ich versuche, dem Ganzen an Un-Sinn zu nehmen."

Ansonsten erinnerte sich Eisläuferin Katarina Witt an Popstar Michael Jackson, der während einer Ausgabe der Show an einer Plastikblume roch - ein Augenblick, in dem sie erkannt habe, wie einsam und abgekapselt der Sänger gewesen sei.

Die Komiker Otto Waalkes und Michael ("Bully") Herbig sangen ein Abschiedsständchen: "Es war ein buntes Treiben, das lassen wir in Zukunft bleiben, für Markus Lanz ist heute Schicht. Wird er bezahlt? Ich hoffe nicht", gaben sie nach der Melodie von Frank Sinatras Hit "My Way" mit Ottos Gitarrenbegleitung zum Besten.

Einspieler zeigten immer wieder die spektakulärsten Momente der bisherigen Sendungen. Den schlecht gelaunten Schauspieler Götz George. Die Buntstiftwette, als ein "Titanic"-Redakteur unter der Brille hindurchschielte - und die Stifte nicht etwa an ihrem Geschmack erkannte. Den nackten Schauspieler Armin Rohde oder Karlheinz Böhms großen Auftritt, als der Schauspieler die Aktion Menschen für Menschen ins Leben rief.

Neben dem Rückblickreigen gab es auch ein letztes Mal kuriose Wetten in üblicher "Wetten, dass..?"-Manier. Der siebenjährige Paul Altmaier erkannte verschiedene Hunde daran, wie sie ihm Leberwurst vom Handrücken wegschleckten. Lehramts-Student Jakob Vöckler kletterte an einem Parkhaus am Flughafen schneller hoch und runter, als der amtierende Weltmeister Sébastien Ogier im Gebäude mit einem Rallye-Wagen hoch und runter raste. Vöckler wurde mit der Stunteinlage der Wettkönig - 50 000 Euro waren die Belohnung.

Die Reaktionen der Kritiker waren zu einem großen Teil in Nachrufen eingebettet. "Es gab keine Hoffnung mehr, dass dieser Patient noch einmal aus dem Koma erwachen würde", schrieb Faz.net. "Das Abstellen der Geräte trotz immerhin noch sechs Millionen Zuschauern kommt dem Erweis der letzten Ehre gleich." Die Richtigkeit der ZDF-Entscheidung stelle aber niemand infrage.

Auch Bild.de zog es auf den Friedhof: "Gestern Abend wurde "Wetten, dass..?" in Nürnberg mit der 215. Ausgabe zu Grabe getragen. Nach 33 Jahren starb ein Stück deutscher Fernsehgeschichte... Anlass zur Trauer um die Sendung lieferte die Sendung jedoch kaum." Und "Spiegel Online" merkte an, dass sich die letzte Ausgabe wie eine dieser Beerdigungen angefühlt habe, "bei denen alle Beteiligten sich um Fröhlichkeit bemühen. Er hat ja so gerne gelacht, der Verstorbene."

Die NDR-Satiresendung "extra 3" inserierte für den einstigen Unterhaltungsriesen via Twitter in der letzten Stunde eine Todesanzeige: "14.2.1981 - 13.12.2014 - #WettenDass. Wir müssen lernen, ohne Dich zu leben. Die Lkw- und Baggerhersteller, die Baggerhersteller in Provinzstädtchen, die Produzenten alberner Sichtschutzbrillen, der eine Typ, der über Witze von Markus Lanz lachen kann, die Liebhaber von Status-Quo-Medleys, extra 3, Peter Maffay, der immer schlecht gelaunte TV-Kritiker von Spiegel Online."

Im sozialen Netzwerk Facebook spaltete die Sendung ein letztes Mal die Gemüter. Die Extreme schwankten zwischen "Danke für die vielen tollen Sendungen." und "Gott sei Dank, dass der Schmarrn endlich ein Ende hat." Manche Zuschauer gaben der Befürchtung Ausdruck, dass ein neuer Regionalkrimi den Sendeplatz des Showklassikers erhalten werde.

Das ZDF hat nun von nächstem Jahr an sechs frei gewordene Sendeplätze an den Samstagabenden zu füllen. Programmdirektor Norbert Himmler kündigte bereits eine neue Gemeinschaftsentwicklung mit der englischen BBC unter dem Titel "Tausend" an sowie ab März eine weitere Familienshow mit Johannes B. Kerner unter dem Titel "Das Spiel beginnt!".