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VDS-Präsident Erich Laaser: ARD und ZDF sollen mehr Amateursport zeigen

Die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender ARD und ZDF sollen den olympischen Sportarten auch abseits der Olympischen Spiele mehr Platz im Programm einräumen. Das fordert Erich Laaser, Präsident des Verbandes Deutscher Sportjournalisten und damit der oberste Sportjournalist der Republik, im Gespräch mit Newsroom.de.

Berlin - "ARD und ZDF sollten die Haushaltsabgabe mehr für den Amateursport als für den Profisport einsetzen. Die UEFA Champions League oder das Profiboxen sind hochkommerzielle Veranstaltungen, die man den Privatsendern überlassen sollte. Gebührenfinanzierte Sender sollten diese Preistreiberei nicht mitmachen", sagte Erich Laaser.

Laaser, Jahrgang 1951, führt den Verband Deutscher Sportjournalisten (VDS) seit 1999. Als Sportjournalist will er weiterhin aktiv bleiben, Fußballspiele wie zuletzt für "LIGA total!" wird er aber nicht mehr kommentieren - ein langsamer Abschied.

 

Immer am Ball: VDS-Präsident Erich Laaser.

 

Dem VDS gehören rund 3.600 Sportjournalistinnen und Sportjournalisten in ganz Deutschland an. Die Vereinigung ist Ansprechpartner des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), der Deutschen Fußball Liga GmbH (DFL) sowie der weiteren nationalen Sportfachverbände bei der Vergabe der Akkreditierungen für Olympische Spiele, Weltmeisterschaften und nationale und internationale Wettbewerbe.

Außerdem wählen die VDS-Mitglieder den „Sportler des Jahres“ und den „Fußballer des Jahres“.

Im Gespräch mit Newsroom.de erklärt Erich Laaser auch, wie er mit seiner neu gewonnen Freizeit umgehen möchte und warum er jungen Frauen und Männern auch weiterhin guten Gewissens dazu rät, sich auf Sport zu spezialisieren.

Newsroom.de: Herr Laaser, sind Sie ein wenig traurig?

Erich Laaser: Nein, warum sollte ich? Es ist Sommer und ich habe Freizeit.

Newsroom.de: Nach vielen Jahren als Fußballkommentator verabschieden Sie sich in den Ruhestand. Wie haben Sie diese letzte Saison erlebt?

Erich Laaser: Es war eine bemerkenswerte Saison mit Langeweile an der Spitze durch die Dominanz des FC Bayern und Dramatik am Schluss mit dem Abstieg von Fortuna Düsseldorf am letzten Bundesligaspieltag.

Newsroom.de: Was war für Sie der Höhepunkt der Sportsaison?

Erich Laaser: Ganz klar, mein letztes Bundesligaspiel für Liga total! Es war das letzte Spiel der Fortuna in Hannover, als das Spiel zu Ende war und aus Dortmund vom Spiel der Hoffenheimer immer neue Meldungen kamen. Die Fortuna hatte sich auf die Relegation eingestellt und musste stattdessen direkt zurück in die 2. Liga. Kommentiert habe ich auch das 5:4 von Schalke gegen Hannover - ein außergewöhnliches Fußballspiel.

"Ausreißer nach unten"

Newsroom.de: Und was hätte nicht sein müssen?

Erich Laaser: Etliche langweilige Fußballspiele ohne Sieger - der deutsche Fußball hat sich zwar insgesamt sehr verbessert, aber es gibt trotzdem immer wieder Ausreißer nach unten auf der Qualitätsskala.

 

Erich Laaser im Gespräch mit Trainer Felix Magath. Als Sportjournalist bleibt Laaser auch zukünftig aktiv, Spiele kommentieren wird er aber nicht mehr.

 

Newsroom.de: Blicken wir doch ein wenig zurück. Wie kommt ein Politologe nach dem Studium ausgerechnet zur Sportberichterstattung?

Erich Laaser: Ich wollte immer Sportjournalist werden. Schon als kleiner Junge haben mich die Radioreporter am Samstagnachmittag fasziniert. Bei Tipp-Kick-Spielen habe ich oft kommentiert und ganze Saisons für mich gespielt und Tabellen gerechnet. Ein Sportstudium wäre mir zu anstrengend gewesen, wahrscheinlich wäre ich beim Delfinschwimmen ertrunken oder bei der Riesenfelge am Reck verunglückt.

Newsroom.de: Und haben Sie den Sprung in den Sportjournalismus auch einmal bereut?

Erich Laaser: Nein. Das Schöne am Sportereignis ist die Tatsache, dass man vorher nicht weiß, wie es ausgeht. In der Oper oder im Theater kenne ich vorher den Sieger, da fehlt mir die Spannung. Und in der Politik ist mir zu viel durchschaubares Kalkül und zu viel Polemik. Dann lieber Sportjournalist.

Newsroom.de: Sie haben eigentlich alle Systeme kennengelernt, waren Sportchef beim Hörfunk des "Hessischen Rundfunks", auch Fernsehmoderator der Sendung "Ran am Sonntag" bei Sat.1. Wo hat die Arbeit mehr Freude bereitet?

Erich Laaser: Alles hat seine Zeit. Das Radio ist und bleibt mein Lieblingsmedium, weil nur dort das Ereignis live durch die Fähigkeiten des Reporters beim Hörer ankommt. Das Fernsehen hat die bunten Bilder, da muss man nicht dauernd reden, was manche Kollegen irgendwie noch nicht realisiert haben. Durch das Fernsehen wird man natürlich bekannter in der Gesellschaft. Aber ob das immer so gut ist?

Newsroom.de: Im Laufe Ihrer Karriere haben Sie von vielen Großereignissen wie Olympischen Spielen oder Fußball-Weltmeisterschaften berichtet. Was bleibt in Erinnerung?

Erich Laaser: Mit den Erinnerungen könnte ich ein Buch füllen! Olympische Spiele sind in jedem Fall für Sportjournalisten genau wie für die Sportler herausragende Erlebnisse. Man trifft dort Menschen aus aller Welt und erlebt sportliche Höchstleistungen live im Stadion. Meine persönlichen Highlights im Fußball waren die Kommentierung des WM-Finales 1990 im Radio. Wer durfte schon mal live für Millionen sagen: "Deutschland ist Weltmeister?". Dazu gehört aber auch das Finale 1986 in Mexiko, das ich im Innenraum des Aztekenstadions erleben durfte. Näher dran an einem Drama war ich nie!

"Sportjournalisten berichten genauso sachlich wie Wirtschaftsjournalisten"

Newsroom.de: Einige Sportjournalisten erscheinen im Fernsehen manchmal eher als Fan denn als sachlicher Berichterstatter. Können Sie verstehen, dass im Bereich Sport die Nähe zu den Sportlern offensichtlich einfacher fällt als in anderen Bereichen?

Erich Laaser: Ich halte das für ein Vorurteil. Wirtschaftsjournalisten oder politische Journalisten haben oft die gleiche Nähe zu den Objekten ihrer Berichterstattung wie Sportjournalisten. Sport ist nur viel mehr Emotion, viel mehr Spannung als jede andere Art von Journalismus-zumindest in den elektronischen Medien. Und das kommt bei Sportsendungen auch rüber.

Newsroom.de: In Deutschland werden für Sportrechte inzwischen unfassbare Summen bezahlt. Haben Sie daran jemals zu Beginn Ihrer Journalistenkarriere gedacht?

Erich Laaser: Nein. ich habe erstmals 1988 mit dem Thema "Rechte" Bekanntschaft gemacht, als RTL der "Sportschau" die Bundesligarechte wegschnappte. Danach sind die Preise für Sportrechte - vor allem im Fußball - förmlich explodiert. Mittlerweile wird ja auch für den Hörfunk bezahlt. Das ist eine Entwicklung, die man so nicht erwarten konnte.

Newsroom.de: Thomas Bach, Vizepräsident des Internationalen Olympischen Komitees und Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, hat kürzlich in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" die Einführung eines olympischen Fernsehsenders ins Spiel gebracht. Halten Sie den Sport im Fernsehen für unterrepräsentiert?

Erich Laaser: Ich würde es begrüßen, wenn die öffentlich-rechtlichen Sender den zahlreichen olympischen Sportarten mehr Sendeflächen einräumen würden und nicht nur bei Olympia Quote machen wollten. Die Haushaltsabgabe sollte von ARD und ZDF hinsichtlich des Sports mehr für den Amateursport als für den Profisport verwendet werden. Die UEFA Champions League oder das Profiboxen sind hochkommerzielle Veranstaltungen, die man gerne den Privatsendern überlassen sollte, falls diese die horrenden Rechtepreise zahlen können. Gebührenfinanzierte Sender sollten diese Preistreiberei nicht mitmachen.

Newsroom.de: Sie führen seit 1999 den Verband Deutscher Sportjournalisten. Werden Sie sich beim VDS weiterhin als Präsident engagieren?

Erich Laaser: Ich bin bis 2015 gewählt, momentan blicke ich auf 14 Jahre Amtszeit zurück. Ich wünsche mir, bald einen jüngeren Kollegen zu finden, der willens und in der Lage ist, dieses Amt fortzuführen. Aber das ist schwierig.

Newsroom.de: Können Sie jungen Leuten heute denn noch empfehlen, als Sportjournalist zu arbeiten?

Erich Laaser: Ich engagiere mich regelmäßig in der Ausbildung junger, am Sportjournalismus interessierter Männer und Frauen. Natürlich empfehle ich diesen Beruf! Er ist spannend, abwechslungsreich, entwickelt sich ständig neu, man trifft Menschen, lernt zu recherchieren und zu kommunizieren. Man arbeitet an seiner Sprache, an seinem Wissen, man muss sich ständig weiterentwickeln, die Persönlichkeit formen. Sportjournalist ist ein toller Beruf!

Newsroom.de: Gibt es ein Lebensmotto, an dem Sie sich in Ihrem Berufsleben gehalten haben?

Erich Laaser: Nicht wirklich. Aber wenn man älter wird, sollte man immer daran denken: Genieße jeden Tag!

Newsroom.de: Sie sind Jahrgang 1951. Wie werden Sie zukünftig jeden Tag genießen, welche Pläne haben Sie im selbstgewählten Ruhestand??

Erich Laaser: Meine Frau freut sich auf Wochenenden mit mir, mein Golfspiel könnte auch besser werden, der VDS rechnet weiterhin mit einem aktiven Präsidenten. Den einen oder anderen Kommentar werde ich schon noch schreiben oder sprechen und die jungen potentiellen Journalisten wollen angeleitet werden. Und wenn dann noch Zeit ist, geh ich ins Stadion und gucke Fußball - privat, ohne für jemanden zu kommentieren.

Mit Erich Laaser, Präsident des Verbandes Deutscher Sportjournalisten, sprach Newsroom.de-Chefredakteur Bülend Ürük.