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Harry Valérien - vornehm bescheiden auch nach großen Erfolgen

Harry Valérien war "Mister Sportstudio". Jahrzehntelang prägte er die Sportberichterstattung im deutschen Fernsehen - und blieb immer bescheiden. Nun starb die Reporterlegende im Alter von 88 Jahren.

Starnberg - Er galt als einer der ganz Großen im deutschen Sportjournalismus. Harry Valérien war Mitbegründer der ZDF-Sendung "Das aktuelle Sportstudio", 25 Jahre lang stand er dort bis 1988 vor der Kamera.

Er berichtete zudem von Olympischen Spielen und machte ebenso als Golfkommentator eine gute Figur. Dem gebürtigen Münchner stieg der Erfolg nie zu Kopf, er bewahrte sich seine bayerische Bodenständigkeit und eine vornehm bescheidene Art. Man müsse sich "ganz leise hinknien und sehr laut Danke sagen", wenn man so viel Glück im Leben gehabt habe wie er selbst, sagte Valérien einmal. Der große alte Mann der Sportberichterstattung starb am Freitag im Alter von 88 Jahren an Herzversagen.

"Reporter war mein Traumberuf", sagte er einmal. Und diesen Job machte er mit so viel Herzblut und Leidenschaft, dass er mühelos die Herzen der Zuschauer gewann. "Sappradi - Bursch', pass auf", rief er bei Skirennen schon mal mitfiebernd ins Mikrofon. Er war ein "wunderbarer Moderator", sagte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach. Wenn Valérien von Skirennen berichtet habe, "war es, als hätte man selbst auf den Brettern gestanden". Um den Sport hautnah vermitteln zu können, fuhr Valérien die schwierigsten Pisten oft am Tag vor dem Rennen selbst ab.

Und wenn ein Rennen nicht pünktlich beginnen konnte, fragte Valérien: "Regie, hamma was?" Meistens hatte die Regie nichts, dann musste der Vollblut-Reporter improvisieren: "Da konnte ich immer der sein, der ich bin. Und wenn Nebel und ewig lang nichts zu sehen war auf dem Fernsehschirm, dann war das nicht tragisch, denn dann konnte ich endlich die ganzen G'schichterl erzählen, die ich wusste."

Mit seinem großen Fachwissen, seinem Wortwitz und seinem Charme war er großes Vorbild für viele junge Sportreporter. Man habe unglaublich viel von Valérien lernen können, sagte Sportreporter Gerd Rubenbauer am Samstag dem Bayerischen Rundfunk und nannte den Tod des 88-Jährigen einen "unglaublichen Verlust".

Auch TV-Moderator Günther Jauch bezeichnete Valérien als ein großes Vorbild. "Einer der unglaublichsten Momente meines Lebens war, dass ich vor knapp einem Vierteljahrhundert sein Nachfolger im "Aktuellen Sportstudio" werden durfte. Da hat er mir gratuliert und gesagt: "Machens des - des wird scho!"", sagte Jauch am Samstag.

Valérien wurde mit Goldener Kamera, Bambi und vielen anderen Auszeichnungen geehrt. 2004 bekam er den Ehrenpreis des Bayerischen Fernsehpreises für sein Lebenswerk. "Harry Valérien war einer der ersten Journalisten in unseren Breitengraden, der Sport informativ und unterhaltsam zugleich gestaltet hat", sagte der damalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) in seiner Laudatio und witzelte zugleich über Valériens Pullover-Faible: "Für jeden Zweck hatte er einen bunten, oft waghalsigen Pullover. Ihm gelang es also, Sport mit echter Woll-Lust zu präsentieren." Valérien konterte damals bescheiden: "Ich habe eigentlich immer nur das getan, was mir Spaß gemacht hat. Und dafür soll ich einen Preis bekommen?"

Valérien war am 4. November 1923 als Sohn eines Pressefotografen zur Welt gekommen. Als 14-Jähriger verlor er die Mutter bei einem Unfall, ein Jahr später starb der Vater an den Folgen eines Herzleidens. Der Junge wurde dann vom Großvater erzogen, machte eine Lehre als Mechaniker und arbeitete in einem sogenannten kriegswichtigen Betrieb. Nach Kriegsende ging der begeisterte Skifahrer und Schwimmer an die damals neu eröffnete Deutsche Journalistenschule in München und begann so, seine Leidenschaft zum Beruf zu machen - mit vielen Stationen wie "Münchner Merkur", Bayerischer Rundfunk, ZDF und schließlich auch Sat.1 und Premiere.

Valérien galt immer als fairer Reporter. Kumpanei habe er nie vermitteln wollen, betonte er einmal. Als Interviewer müsse man immer auch eine gewisse Distanz wahren. "In seiner kontrolliert provokanten Art schaffte er es fast immer, seine Gesprächspartner hartnäckig zu bedrängen. Er hakte nach, formvollendet im Ton, doch unerbittlich in der Sache", schrieb Dieter Kürten, früher selbst Sportstudio-Moderator, einmal über seinen langjährigen Kollegen. Als er 1983 ZDF-Sportchef werden sollte, lehnte Valérien ab: "Ich bleibe lieber Reporter, das sagt mir mehr zu als jede Verwaltung."

Am Ende stand nun ein leiser, schneller Tod. Als Mitfahrer in einem Auto - auf der Rückfahrt zu seinem Wohnort am Starnberger See - schlief Valérien ein und starb an Herzversagen. "Es bleibt die Erinnerung an einen großartigen Kollegen und auch der Gedanke: Was für ein gnädiger Tod!", sagte Jauch. Und Dieter Kürten rief in der "Bild am Sonntag" seinem Freund hinterher: "Harry, wir sehen uns wieder. Und dann moderieren wir gemeinsam die Spiele der 1. Himmelsliga."

Jürgen Balthasar