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Ausstellung in Münster: Picasso und der Einfluss des Fernsehens

Das Kunstmuseum Pablo Picasso in Münster startet mit einer Doppelausstellung ins Jahr. Vor allem der erste Teil lässt aufhorchen: Picasso hat gern ferngesehen - mit Folgen für seine Spätwerke. Aus Münster berichtet Carsten Linnhoff.

Münster (dpa) - Das Kunstgenie Pablo Picasso (1881-1973) bediente sich bei Zorro, den drei Musketieren und Catch-Kämpfen, wenn es um Inspiration für seine Werke ging - die Kunstwelt ist erstaunt. Und wenn die Hochkultur dann erfährt, dass Picasso seine Eindrücke übers Fernsehen aufsog, werden die Augen groß.

"Theodor Adorno war ein großer Freund der TV-Serie "Daktari"", sagt Markus Müller. Der Museumsleiter des Kunstmuseums Pablo Picasso in Münster kann ein Schmunzeln nicht verbergen. Mit dem Verweis auf den deutschen Philosophen und Soziologen will Müller relativieren. Auch große Denker und Künstler konnten sich neuen Medien nie entziehen. Adorno liebte die heute über 40 Jahre alte US-Serie mit Clarence, dem schielenden Löwen.

Picasso soll in den 60er-Jahren mit Vorliebe Zirkus-Vorstellungen, Zorro, Catchen sowie Mantel- und Degen-Filme im französischen Staatsfernsehen geschaut haben. Und als ob dem Museumschef das Thema Fernsehen etwas peinlich ist, schiebt er hinterher: "Es kommt ja nicht drauf an, was man sieht, sondern was man anschließend daraus macht."

Picassos Frau Jacqueline hatte sich die Flimmerkiste fürs Wohnzimmer in den 60ern gekauft. Die Frau des Künstlers hatte Langeweile, während der Meister kreativ war. Picasso hatte sein Zuhause strikt nach der Kunst ausgerichtet. In verschiedenen Räumen bearbeitete er jeweils andere Materialien. Im Wohnzimmer, da wo der Fernseher stand, kümmerte er sich um seine Grafiken.

Müller hat jetzt vom 1. März bis zum 18. Mai eine Schau ("Picasso sieht fern!") nach Deutschland geholt, die in Kooperation mit dem Museo Picasso Málaga und dem Musée d'art et d'histoire Genf konzipiert wurde. Teile der gezeigten Werke stammen aus dem Museum Ludwig in Köln, Teile aus Privatsammlungen.

Auf die Idee, einen Zusammenhang zwischen Picassos Kunst und der Glotze zu suchen, ist laut Müller Brigitte Baer gekommen. Sie ist Autorin des Picasso-Werksverzeichnisses. Um die These zu untermauern, wurde das französische nationale Fernseharchiv nach Sendungen durchforstet, die vor dem Frühjahr 1968 über die Mattscheibe liefen.

Picasso fertigte in diesem Jahr 347 Grafiken innerhalb von sieben Monaten an. Das ganze nannte er "Suite 347". Die Parallelen zur Zirkus-Welt, zu Mantel- und Degen-Filmen und Catch-Kämpfen fallen sofort ins Auge. Müller schränkt allerdings auch ein. "Picasso war ein großer Cineast. Er könnte einige seiner Motive also auch bereits früher im Kino gesehen haben", sagt Müller. Trotz dieser kleinen Einschränkung geht er davon aus, dass die Sonderschau die Picasso-Forschung auf den Kopf stellt.

Parallel zeigt das Picasso-Museum Schwarz-Weiß-Fotos von Elliott Erwitt (Jahrgang 1928). Der US-Journalist fotografierte für die Agentur Magnum. Sein Name ist nur wenigen ein Begriff. Mehrere seiner Motive aber sind weltberühmt. So das Foto eines radelnden Mannes, der mit einem Kind und einem Baguette auf dem Gepäckträger eine Allee entlang fährt. Es dokumentiert das französische Lebensgefühl und ist in zahlreichen Werbemotiven kopiert worden. Erwitts Foto von US-Vize Richard Nixon, der Sowjetchef Nikita Chruschtschow drohend mit dem Zeigefinger auf die Brust klopft, ist als Motiv des Kalten Krieges 1959 ein Dokument der Zeitgeschichte geworden.

Carsten Linnhoff

Newsroom.de-Service: Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag, 10.00 bis 18.00 Uhr, geöffnet an Ostermontag und Pfingstmontag, Eintritt Erwachsene 10 Euro, ermäßigt 8 Euro, Kinder 4 Euro, Familien 20 Euro; Kunstmuseum Pablo Picasso Münster, Picassoplatz 1, 48143 Münster.