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Wie Medienprofis besser mit Kritik umgehen

Wie Medienprofis besser mit Kritik umgehen Attila Albert

Niemand gelingt es, Kritik „nicht persönlich zu nehmen‟. Manchmal empfindet man sie aber als völlig übertrieben oder ganz unzutreffend. Karrierecoach Attila Albert sagt, wie Sie damit umgehen können und was das Zeichen dafür ist, dass Sie den Arbeitgeber wechseln sollten.

Berlin – Das Jahresende ist in vielen Medienhäusern die Zeit der individuellen Mitarbeitergespräche. Manche sind als lockerer Austausch angelegt, andere folgen einem strukturierten Leitfaden. Dabei wird besprochen und bewertet, inwieweit der Mitarbeiter seine Jahresziele erreicht hat. Nicht selten leitet sich davon auch die Höhe der Prämie (Tantieme) ab. Dabei kann es jedoch unschöne Überraschungen geben: Kritik, die man für übertrieben oder ganz unzutreffend hält, mit der man eventuell auch überhaupt nicht gerechnet hatte.

 

Viele Medienprofis gehen dabei sowieso misstrauisch in Mitarbeitergespräche. Wer freut sich schon darauf, von seinem Vorgesetzten beurteilt und nach Leistung eingestuft zu werden, eventuell in Prozentwerten nach einem festen Raster? Zwar ist jedem klar, dass sich daraus auch wertvolle Hinweise ergeben können, wie man seine Arbeit künftig besser erledigen oder angemessener auftreten könnte. Aber es ist doch unangenehm zu hören, dass man in manchen Punkten die Erwartungen nicht erfüllt hat. Wie damit umgehen?

 

Eingestehen, dass Kritik immer schmerzt
Den meisten ist klar, dass es Kritik braucht, um sich zu verbessern. Trotzdem schmerzt es, auf eigene Unzulänglichkeiten und Fehler hingewiesen zu werden, auch wenn sie einem selbst klar sind. Mehr noch kann einen unerwartete Kritik erschüttern, auf die man meist gar nicht sofort angemessen reagieren kann. Hier beruhigt der Gedanke ein wenig, dass es allen so geht. Jeder fürchtet Kritik, auch der Vorgesetzte, der natürlich ebenfalls bewertet wird. Im Idealfall regt das alle Beteiligten dazu an, ehrlich, aber rücksichtsvoll miteinander umzugehen und erkannte Schwächen konstruktiv anzugehen.

 

In den Vorgesetzten hineinversetzen
Es entlastet einen, wenn man sich immer auch ein wenig in sein Gegenüber hineinversetzt und nicht nur um sich dreht. Viele Vorgesetzte empfinden Mitarbeitergespräche selbst als unangenehm, für sie ist es eine zusätzliche Pflicht und bürokratische Mehrarbeit, die ihnen die Personalleitung auferlegt hat. Oft sind sie auch nicht besonders geschickt darin, andere einzuschätzen, zu motivieren und bei Bedarf zu korrigieren. So halten sie sich an alte, wenig überzeugende Methoden wie die „Sandwich-Kritik‟ – Lob, Kritik, dann wieder ein Lob –, obwohl das jeder durchschaut. Zeigen Sie hier also ein wenig Empathie.

 

Zuhören und versuchen, zu verstehen
Bei Kritik, die von den meisten als Angriff verstanden wird, ist die Versuchung groß, sofort zu widersprechen oder sich erklären zu wollen. Hören Sie aber zuerst einmal vor allem zu: Was will Ihnen Ihr Vorgesetzter sagen, was könnte ihn zu seiner Einschätzung gebracht haben? Was könnte in ihm vorgehen, auch wenn Sie ganz anders empfinden? Fragen Sie bei Unklarheiten nach, auch das (zumindest äußerlich) neutral: „Meinst du damit, dass ich…?‟, „Kommt das, weil ich…?‟ Das hilft, mögliche Missverständnisse auszuräumen, und verschafft Ihnen zudem Zeit, um über eine angemessene Reaktion nachzudenken.

 

Sich Zeit für eine angemessene Reaktion nehmen
Grundsätzlich müssen Sie die Aussagen im Mitarbeitergespräch nur zur Kenntnis nehmen und eventuell nächste Schritte (z. B. Folgegespräch, Weiterbildung, andere Organisation) vereinbaren. Es genügt daher ein einfaches: „Vielen Dank für das Feedback‟. Damit machen Sie sich eventuelle Kritik noch nicht zu eigen. Lassen Sie sich nicht zu einer sofortigen Reaktion drängen, wenn Sie das nicht wollen. Sie können immer um Zeit und einen Folgetermin bitten: „Das muss ich erst einmal sacken lassen und genauer darüber nachdenken. Bitte lass uns bei einer späteren Gelegenheit im Detail darüber sprechen.‟

 

Fakten und Bewertung klar trennen
Nur die wenigsten Arbeitgeber nutzen bisher rein objektive Kriterien, um ihre Mitarbeiter zu bewerten. OKR („Objectives and Key Results‟) wäre solch eine Methode, die auf klar definierte Zielen und Ergebniskennzahlen baut. Häufiger ist eine Mischung aus einigen Kennzahlen (z. B. erreichten Auflagen-, Nutzer- oder Umsatzziele) und einer subjektiven individuellen Einschätzung des Vorgesetzten. Unterscheiden Sie beides, das nimmt die Emotionalität aus dem Gespräch. Hilfreich dabei: Sich direkt danach aufschreiben, welche Fakten genannt wurden und wie sich der Vorgesetzte geäußert hat.

 

Eigene Reaktion kontrollieren und reflektieren
Niemand gelingt es, Kritik „nicht persönlich zu nehmen‟, sie bezieht sich nun einmal direkt auf einen. Kontrollieren Sie trotzdem Ihre Reaktion im Gespräch und reflektieren Sie im Nachgang Ihre Gefühle und Interpretationen (z. B. mit einem Mentor oder Coach). Haben Sie sich niedergeschlagen oder empört gefühlt? Hat die Kritik Sie verärgert oder motiviert, können Sie Ihren Chef weiter respektieren oder nun überhaupt nicht mehr? Auf Dauer können Sie Ihre wahren Gedanken und Gefühle nicht verbergen. Arbeiten Sie daher bei Bedarf lieber an sich (z. B. wenn Sie sich leicht verletzt oder angegriffen fühlen).

 

Kompetente Rückmeldungen anderer einholen
Die Bewertungen von Vorgesetzten sind von sehr unterschiedlicher Qualität und zeigen manchmal auch fachliche oder persönliche Schwächen. Holen Sie sich daher gelegentlich kompetente Rückmeldungen von anderen ein: Ist die Bewertung angemessen, waren die Ziele überhaupt realistisch, wo stehen andere im Vergleich? Der Partner, Kollegen oder Freunde sind dafür oft weniger geeignet; befragen Sie jemanden mit Branchenkenntnis und einem gewissen Abstand. Gelegentlich lohnt auch die Prüfung durch einen Anwalt, wenn die Kritik beispielsweise etwas behauptet, das aus Ihrer Sicht faktisch falsch ist.

 

Bei Dauerkritik einen Wechsel angehen
Das Mitarbeitergespräch sollte nicht zuletzt Anlass sein, einmal zurückzublicken: Sind kritische Rückmeldungen bei Ihrem aktuellen Arbeitgeber bzw. Chef die Ausnahme oder die Regel? Haben Sie das Gefühl, grundsätzlich akzeptiert und respektiert zu werden – oder scheint es, also ob Sie nie genug leisten und nie alles richtig machen? Bei Dauerkritik sollten Sie einen Wechsel angehen, denn sie verunsichert und macht Sie schwächer (u.a. wegen ständiger Angst vor Fehlern). Gleiches gilt, wenn man sich überhaupt nicht um Ihre Entwicklung kümmert, es beispielsweise gar keine Mitarbeitergespräche gibt.

 

Zur vergangenen Kolumne: Wie Medienprofis auch schwierige Phasen gut überstehen

 

Zum Autor: Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der Freien Presse, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA.

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