Jobs
Newsroom

Immer wieder vertröstet: Wann Medienprofis nicht mehr warten sollten

Immer wieder vertröstet: Wann Medienprofis nicht mehr warten sollten Attila Albert

Die ewig versprochene Beförderung oder Gehaltserhöhung, die jahrelang ungeklärte Beziehung: Wer immer wieder nur hingehalten wird, glaubt am Ende, dass er wirklich nichts Besseres verdient hat oder erreichen kann. Mediencoach Attila Albert sagt, wie Sie Ihre Ziele trotzdem erreichen.

Berlin – Ein Radioredakteur arbeitete seit 15 Jahren als Pauschalist für denselben Sender und hatte sich bereits viermal vergeblich um eine Festanstellung beworben. Mehreren Kollegen war schon wegen Budgetkürzungen gekündigt worden. Daher war auch er in Sorge und bereitete seine fünfte Bewerbung vor, glaubte aber selbst nicht mehr an den Erfolg. Nur was sollte er sonst tun? Ähnlich ging es einer Ressortleiterin im Privaten: Seit sechs Jahren mit einem Kollegen liiert, wollte er weder zusammenziehen noch gar heiraten. Sie dagegen war bald 40 und wünschte sich Kinder. Sollte sie noch länger warten und hoffen?

 

Wenn sich ein entscheidender Wunsch jahrelang nicht erfüllt, ist das nicht nur frustrierend, sondern wirklich schmerzhaft: Es fühlt sich an, als ob man als Mensch insgesamt abgelehnt würde. Der andere müsste doch sehen, wie wichtig einem dieses Anliegen ist, wenn man es immer wieder vorbringt. Wie kann er da nur immer wieder Nein sagen oder, fast noch quälender, einer klaren Antwort ausweichen? Gleichwohl kommt es beruflich und privat regelmäßig vor, von jemandem ständig vertröstet zu werden. Dann stellt sich immer die Frage: Wie lange noch hoffen – und wann aufgeben und anderweitig probieren?

 

1. Klären, worauf Sie noch genau warten
Wer sich nicht länger vertrösten lassen will, muss sich zuerst von einigen verführerischen, weil tröstlichen Illusionen verabschieden. Die wichtigste ist der Gedanke: „Ich warte ja noch auf eine Antwort, es gibt also noch Hoffnung!” In Wahrheit haben Sie, wenn der andere Sie immer wieder hinhält, Ihre Antwort bereits erhalten: Er will oder kann nicht. Wie das Sprichwort sagt: Keine Antwort ist auch eine Antwort. Überlegen Sie also, worauf Sie nun wirklich noch warten. Darauf, dass der andere seine – meist bereits wiederholt getroffene Entscheidung – doch noch ändert? Das ist möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich.

 

2. Festlegen, wie lange Sie noch warten wollen
Dass Sie jemand immer wieder vertröstet, kann viele Gründe haben. Die Annahme, Sie würden auch ohne ein klares Nein verstehen, dass nicht mehr daraus wird, dass es so aber respektvoller und schonender für Sie wäre. Feigheit, nämlich das Vermeiden einer offenen Konfrontation. Strategische Erwägungen (damit Sie z. B. auch ohne die Beförderung oder Gehaltserhöhung weiterarbeiten, sich sogar noch besonders anstrengen). Sachzwänge sind dagegen langfristig selten. Das erkennen Sie daran, was für andere möglich gemacht wird, die klare Bedingungen stellen. Setzen Sie sich daher ein zeitliches Limit.

 

3. Überlegen, was Sie das Warten kostet
Ewiges Abwarten hat seine Vorteile – auch für Sie. So müssen Sie sich nicht selbst verändern, was bequem und berechenbar ist. Sie wissen zumindest, was Sie jetzt haben, aber nicht, was kommen wird. Sie bekommen z. B. auch in einem schwierigen Job zumindest noch das monatliche Gehalt und haben es leichter, Branchenkontakte zu knüpfen. Woanders könnte es schon in der Probezeit scheitern. Dagegen steht jedoch ein hoher Preis: Verpasste Chancen anderswo – und die verlorenen Lebensjahre, die sie nicht wieder zurückbekommen. Nach 2-3 Jahren sollte dieser Aspekt im Vordergrund stehen.

(Wenn es Ihnen bisher schwerfällt, eigene Bedürfnisse und Wünsche zu formulieren und durchzusetzen, finden Sie mehr dazu in meinem Buch „Ich mach da nicht mehr mit”).

 

4. Positive Alternativen suchen
Wer sich aus einer unbefriedigenden Situation nicht zu lösen vermag, weiß meistens selbst, worauf er sich eingelassen hat. Diffuse Ängste halten ihn dennoch fest: Verliere ich jetzt nicht alles, wenn ich aufgebe? Wäre es woanders nicht vielleicht sogar schlechter? Stehe ich am Ende ganz allein da? Solche Risiken sollten überlegt werden, aber auch, wie realistisch sie sind und ob Sie sie nicht bewältigen könnten (z. B. einen Ersatzjob finden, wenn der Wechsel nicht klappt). Konzentrieren Sie sich auf positive Alternativen: Wie viel besser Ihr Leben in kurzer Zeit sein könnte, wenn Sie jetzt endlich handeln!

 

5. Handeln, auch während Sie warten
Auch wenn der andere Sie immer wieder hinhält, heißt das nicht, dass Sie hilflos sind und gar nichts tun könnten. Sie dürfen durchaus weiter abwarten, sollten gleichzeitig aber schon handeln. Suchen Sie nicht mehr nach Ausreden für andere ( „ist noch nicht bereit”), sondern nach Auswegen für sich. Ihr Chef verweigert die überfällige Gehaltserhöhung? Suchen Sie sich einen neuen Job. Verhandeln Sie dann auf Basis eines konkreten Angebotes, können Sie sich Härte und Konsequenz leisten. Ihre Beziehung ist ewig ungeklärt? Finden Sie mehr Freunde und Hobbys – ohne Angst vor Einsamkeit sagen Sie leichter Nein, wenn sich wirklich kein gemeinsamer Weg aushandeln lässt.

Hartnäckigkeit zahlt sich zwar oft aus, „gib niemals auf” ist auf Dauer allerdings kein guter Rat. Es ist nicht erfolgversprechend, jahrelang dasselbe zu machen bzw. hinzunehmen und auf ein besseres Ergebnis zu hoffen. Ständige Ablehnung, nett verpackt oder offen ausgesprochen, verletzt und verunsichert. Schließlich glaubt mancher, wirklich nichts Besseres verdient zu haben oder erreichen zu können. So weit sollten Sie es, beruflich wie privat, nie kommen lassen. Sie können Ihre Ziele auf vielen Wegen erreichen, und wenn jemand erkennbar nicht mit Ihnen will oder kann, dann mit jemand anderem.

 

Zur vergangenen Job-Kolumne: Vom Chef kleingehalten

 

Zum Autor: Karriere-Coach Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der „Freien Presse“, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA. www.media-dynamics.org.