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7 Branchentrends – und wie Medienprofis darauf reagieren sollten

7 Branchentrends – und wie Medienprofis darauf reagieren sollten Attila Albert

Weitere Stellen- und Budgetkürzungen, mehr Interesse an Nebenjobs, neue Berufsbilder durch Daten und KI: Coach Attila Albert über aktuelle Trends in der Medienbranche – und wie Medienprofis am besten darauf reagieren sollten. Manche Herausforderung wird dadurch zur unerwarteten Chance.

Berlin – Die letzten Wochen des Jahres sind immer eine gute Gelegenheit, auf die vergangenen zwölf Monate zurückzublicken. Jeder Medienprofi kann nur für sich selbst bewerten, ob sein 2023 besser oder schlechter als frühere Jahre war. Verschiedene Medientrends haben es in jedem Fall zur Herausforderung gemacht, die sich aber später oft als unerwartete Chancen herausstellten. Hier sieben aktuelle Trends – und was sich als Reaktion jeweils empfiehlt.

 

1. Stellen-Abbau: Alternativen vorbereiten
Auch 2023 strichen die meisten Medienhäuser wieder Stellen (z. B. Axel Springer, Bauer, Burda, Funke, Gruner und Jahr bzw. RTL). Per Aufhebungsvertrag oder betriebsbedingter Entlassung trennten sie sich teilweise von jeweils mehreren hundert Mitarbeitern – manche offen, andere diskret in kleinen Schritten. Was dabei auffiel: Auch aus Teams, die vor kurzem noch als verlegerische Zukunftshoffnung galten, etwa Video, Web-TV, Lokales.

Was sich für Medienprofis empfiehlt: Auch bei langer Festanstellung sollten Sie eine Alternative vorbereiten, die mehr als nur eine vage Idee ist – mindestens gedanklich, besser auch schon ein wenig praktisch (z. B. grober Geschäftsplan und eine Webseite, wenn Sie eine Selbständigkeit erwägen). So blicken Sie mit weniger Ängsten in die Zukunft und beginnen bei Bedarf nicht in Panik bei Null, sondern sind darauf schon gut vorbereitet.

 

2. Nebenjobs: Rechtliche Grundlage klären
Eine bemerkenswerte Zahl von angestellten Medienprofis hat inzwischen einen Nebenjob. Neben dem Naheliegenden (z. B. Bücher, Seminare, Workshops, Gastbeiträge) auch eher Ungewöhnliches (z. B. individuelle Stilberatung neben Lifestyle-Journalismus, Beteiligung an einem Ladengeschäft). Der Zusatzverdienst ist oft nicht einmal das Hauptmotiv, sondern die Chance, professionell und unternehmerisch dazuzulernen, ohne viel riskieren zu müssen.

Was sich für Medienprofis empfiehlt: Klären Sie zur eigenen Sicherheit vorab, was Ihr Arbeitsvertrag erlaubt bzw. verbietet, ohne sich aber einschüchtern zu lassen. Pauschale Verbote oder bewusst abschreckende Regelungen (z. B. mehrstufige Genehmigung für jedes einzelne Projekt) sollten Sie auf Dauer nicht abhalten. Eine Arbeitszeitreduzierung ist langfristig oft der praktikabelste Weg, um rechtliche und zeitliche Konflikte auszuräumen.

 

3. Budget-Kürzungen: Geschäftsmodell anpassen
Viele Selbstständige waren von – teilweise sehr kurzfristig mitgeteilten – Budget-Kürzungen betroffen, vom klassischen Freien (z. B. freier Reporter, Autor) bis zum Subunternehmer (z. B. Content-Agentur, PR-Büro). Auftraggeber reduzierten die Honorare, verschoben oder beendeten bereits zugesagte Projekte, kündigten die Pauschalisten- bzw. Rahmenverträge ganz. Ebenso ein Problem: Monatelang verspätet beglichene Rechnungen.

Was sich für Medienprofis empfiehlt: Selbstständige sollten selbst in wirtschaftlich guten Zeiten einen Fokus auf fortlaufende Neuakquise legen, um ihre Abhängigkeit von einzelnen Großkunden (erhöhtes Ausfallrisiko) zu reduzieren – und sich selbst von Kunden trennen zu können, die bei hohem Zeitaufwand wenig Umsatz bringen. Manchmal ist auch der Wechsel (zurück) in eine Festanstellung umsetzbar, häufig aber nur mit großen Abstrichen.

 

4. Ressort-Überschneidungen: Netzwerk erweitern
Interdisziplinäres Arbeiten – also Tätigkeiten aus bisher getrennten Feldern in einem Team oder sogar in einer Stelle – nimmt weiter zu. Beispiele: Leitende Journalisten mit auch wirtschaftlicher Verantwortung oder sogar Miteigentum am Titel, Produkt-Manager mit Technik-, Marketing und Inhalte-Verantwortung. Das erfordert Spezialisten, die ein breites Wissen und einen offenen Blick haben, gleichzeitig Kernthemen im Detail beherrschen.

Was sich für Medienprofis empfiehlt: Selbst, wenn Sie sich erfolgreich auf ein Gebiet spezialisiert haben, sollten Sie fortlaufend mitverfolgen, was sich sonst noch tut. Suchen Sie dafür das fachliche Gespräch mit Kollegen in anderen Abteilungen – fortlaufend (z. B. gemeinsam in der Kantine) und gelegentlich intensiv (z. B. Rotation). Bei international tätigen Medienhäusern ist sogar eine Hospitanz in einer Auslandsgesellschaft möglich.

 

5. Daten- und KI-Boom: Gezielte Weiterbildung
Während der Stellen- und Budget-Abbau vor allem die Redaktionen und das mittlere Management betraf, stieg der Bedarf an Organisations-, Technik- oder Verkaufsspezialisten weiter. Der Daten- und KI-Boom hat wieder neue Tätigkeiten und Berufsbilder geschaffen, etwa den des KI-Prompters (zielführende Eingaben in ChatGPT u.ä.). Die Arbeitgeber haben große Schwierigkeiten, diesen Personalbedarf ausreichend intern oder extern zu decken.

Was sich für Medienprofis empfiehlt: Haben Sie Interesse und Eignung in einer der genannten Richtungen, eröffnet Ihnen eine Umorientierung selbst im mittleren Alter noch vielversprechende neue Perspektiven – als angestellter oder selbstständiger Spezialist. Klären Sie vor einer möglichen Weiterbildung (z. B. CAS, MAS) aber Ihr genaues Ziel und Ihren tatsächlichen Bedarf, damit sich Ihre finanzielle und zeitliche Investition auszahlt.

 

6. Flucht in die Krankschreibung: Ausweg planen
Weiterhin hoch ist die Zahl der Medienprofis, die psychisch überfordert sind und darauf mit den unterschiedlichsten Beschwerden (Ängste, Depressionen, unerklärliche körperliche Beschwerden) reagieren. Die Zahl der Krankschreibungen und Krankheitstage erreicht immer neue Rekordwerte. Für die verbleibende Belegschaft heißt das: Für die fehlenden Kollegen mitarbeiten. Das erhöht auch deren Risiko, sich zu überlasten und zu erkranken.

Was sich für Medienprofis empfiehlt: Müssen Sie einräumen, dass Ihre berufliche oder private Situation Sie dauerhaft überfordert, verschafft Ihnen die Krankschreibung eine Atempause. Aber sie zeigt Ihnen gleichzeitig, dass Sie wahrscheinlich etwas grundlegend verändern müssen. Setzen Sie sich intensiver mit Ihren Entscheidungen und Prioritäten auseinander – und was Sie zukünftig ganz anders als bisher angehen wollen.

 

7. Offener Wechsel: Risiken begrenzen
Insbesondere Fach- und Führungskräfte sind heute eher bereit, ihre Stelle zu kündigen, ohne etwas Neues zu haben. Karriere-Unterbrechungen (z. B. Sabbatical, Weiterbildung, Elternzeit) sind weithin akzeptiert und werden heute ohne größere Ängste genutzt. Die Bindung zwischen Arbeitnehmern und -gebern hat sich gelockert. In der Summe trauen sich mehr Medienprofis zu, eine neue Stelle bzw. Kunden zu finden, wenn der Bedarf da ist.

Was sich für Medienprofis empfiehlt: Die Kündigung ohne tragfähigen Anschlussplan ist nur ratsam, wenn Sie finanziell für ein bis zwei Jahre unabhängig sind (Abfindung, Erbe, Partner verdient genug). Denn so lange kann die erfolgreiche Stellensuche für Fach- und Führungskräfte oder das Etablieren einer Selbstständigkeit dauern. Sie ersparen sich viele Ängste oder einen echten Abstieg, wenn Sie den Wechsel besser vorbereitet angehen.

 

Ein Jahr muss nicht leicht und bequem gewesen sein, um trotzdem ein gutes Jahr gewesen zu sein. Äußere Herausforderungen erzwingen nicht selten überfällige Entscheidungen, fordern echte Prioritäten – damit immer auch den Verzicht auf weniger Wichtiges – ein und korrigieren den persönlichen Kurs, der in guten Zeiten vielleicht ein wenig an Zielklarheit, Entschlossenheit und Tempo verloren hatte. Auch schwierige Zeiten sind dann im Rückblick wertvoll, mehr noch: unersetzbar.

 

Zur vergangenen Job-Kolumne: Immer wieder vertröstet

 

Zum Autor: Karriere-Coach Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der „Freien Presse“, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA. www.media-dynamics.org.